Freitag, November 30, 2012

Aufgetaucht



Ich ging mit Ella weiter. Ihre Nähe wirkte - fantastisch auf mich. Ich weiß nicht, wie es dazu kam. Alles war und ist nach wie vor schrecklich rätselhaft. Es war, als ob man einen Kopfhörer aufsetzt und der Sound trägt einen in eine andere Welt. Nur - es ist eben kein Kopfhörer und keine Musik, die alles verändert, sondern eben ein Mensch. Wie selbstverständlich verließen wir das Geschäft. Auf der Einkaufsstrasse der Lärm, die Menschen, die Überdosis an Reklamen und Sonderangeboten. Alles natürlich völlig unwichtig. Ich denke sogar, das, was wir redeten, war völlig unwichtig. Wir waren beisammen und miteinander und das war genug. Worte konnten angesichts dessen nur lächerlich wirken. Ich kam mir vor wie ein Uboot, dass nach langer, langer und gefährlicher Tauchfahrt innerhalb weniger Momente wieder aus den Tiefen des Meeres über die Wasseroberfläche aufstieg - oder aber ein Uboot, das nach langer Reise über dem Meeresspiegel endlich wieder hinabtauchte. Mit rasender Geschwindigkeit weit weg von dort, wo es zuvor gewesen ist. In eine gewisse Form von Licht, aber auch in eine gewisse Form von endgültiger Dunkelheit. Ich weiß bis heute nicht, ob sie ähnliche Dinge dachte, wie ich. Oder ob sie heute ähnlich darüber denkt, wie ich. Ich kann sie auch nicht fragen und ich versuche anzuerkennen, dass man nicht auf alle Dinge im Leben Antworten erhält.

Nach längerem Hin und her hörten wir auf zu sprechen und trotteten vor uns hin. Noch war unklar, welche weitere Richtung wir einschlagen würden. Ich wollte sie nach hause begleiten, aber die Richtung, die sie einschlug führte woanders hin. Nicht in Richtung ihrer Wohnung nahe der alten Kathedrale. Wir gingen einfach einmal weiter. Irgendwann wagte ich es, ihre Hand zu nehmen. Und sie ließ es geschehen.

Mittwoch, November 28, 2012

Rückkehr



Eines Tages war Ella wieder da. Schrecklich, oder nicht - wie soll  ich es benennen? Ich erkannte sie zunächst gar nicht. Sie hatte eine ganz andere Haarfarbe als damals. Auch ihr Gesicht schien verändert. Ihre Augenfarbe, das wurde mir erst jetzt klar, war unter Tags offenbar eine andere, als nächtens. Nur wegen ihrer Stimme erkannte ich sie sofort wieder, darin war so eine Art zweiter, heller Klang, eine Stimme in der Stimme und etwas, das mein Innerstes zum Schwingen brachte. Gleich dämmerte es mir, dass ich auf jemanden gestoßen war, den ich vielleicht schon seit längster Zeit kannte. Schon länger, als ich mir vorzustellen vermochte.
Als wir wieder aufeinandertrafen bemerkte ich zunächst nichts Besonderes. Es war so wie, nun, ich drücke es mal so aus: Manchmal durchschreitete man gewisse Türen und betritt neue Räume, ohne dass man es gleich bemerkt. Hat nicht Ella das schon damals zu mir gesagt? Vor der Kathedrale. Oder hab ich mir das gedacht, nachdem ich in einer stürmischen Winternacht durch die leeren, kalten Strassen und Betonwüsten der Stadt gelaufen bin? Da war doch - ich erinnere mich - da ist eine Zeitung vom Wind über die Strasse geschubst worden. Und mein Blick fiel auf die Titelseite. Doch die Zeitung gab es schon lange nicht mehr. Wurde eingestellt, weil wer wollte schon lesen? Und das Datum...irgendein Tag vor Jahren. Oder ein Tag in der Zukunft?
Nun. Ella war wieder da. Sie war Vergangenheit. Und jetzt, plötzlich war sie wieder Gegenwart. Dabei war sie nie Vergangenheit. Eher eine Art ständige, zweite Gegenwart. Die immer auch geschieht - sozusagen neben der üblichen Gegenwart.
Sie stand neben mir und plauderte einfach so drauflos. Als hätten wir uns erst vor ein paar Stunden zum letzten Mal gesehen. Es war völlig banal eigentlich. Vor dem Gemüseregal in einem Supermarkt reihten sich perfekt geformte Gurken, Karotten, Zucchini aneinander. Und sie stellte sich neben mich und hielt mir einen Vortrag über Form und Unform von den Produkten von Mutter Erde. Ich war erstaunt, dankbar und ein bisschen verängstigt. Denn ich wusste nicht, wohin dieses neue Abenteuer nun führen würde...

Montag, November 26, 2012

Reise rückwärts



Dein Weg
durch die alten Mauern,
in denen die Geister alter Zeiten wohnen.

Schreckensreiches Leben,
ohne jemals Innezuhalten. 

Reise rückwärts 
durch ein Flammenmeer,
Träume großer Schlachten,
der Untergang eines Heldenheers.

Träume deines Lebens
Splitter von Geschichten
Alptraumphantasien.

Stimmen und Gottesflüstern,
Schriftsätze von Königreichen, Fürstentümern.
Verblasste Gesichter 
deiner eigenen Saat.

Namen ganz bedeutungslos
Reise rückwärts durch ein Trümmerfeld.
Und irgendwann das Ende
deiner Welt.

Donnerstag, November 22, 2012

Herzstillstand


Mein Herz steht still,
doch alles schreitet weiter.

Mein Geist hält die Welt an,
und alles gerät in Bewegung.

Reise durch mein Leben
Jeder Tag
ein Lichtjahr.

Reise in atemberaubenderUnendlichkeit
ohne Anfang und Ende
nach vor und zurück.

Immer wieder beginne ich am
Anfang und schreite weiter.
Immer wieder schreite ich weiter
und komme doch nur an den Anfang.

Wahrheit

Was ist eigentlich? frage ich mich täglich.

Die Welt scheint mir eine Mandarine zu sein.
Zunächst ist sie ein geschlossenes Ganzes, vielversprechend, prall,
orange leuchtend.

Um an ihre Frucht zu gelangen, um sie genießen zu können, schäle ich sie.
Dahinter verbergen sich die saftigen, triefenden Mandarinen-Spalten.
Sie schmecken herrlich.
Aber was steckt dahinter? Was ist das Geheimnis der Frucht? Wieso ist sie so wunderbar?

Die Schale liegt vor mir, ein paar Tropfen vom Mandarinensaft.
Die Spalten, die ich noch nicht gegessen habe, ebenfalls.
Jede Spalte eine Welt für sich - ein eigenes Rätsel. Wie eben die tausend Fragen, die ich mit mir herumtrage.

Also nehme ich eine Spalte und blicke hinein - auf der Suche nach Erklärung. Ich schneide sie auseinander. Darin: die Fasern des Fruchtfleisches, rosa, saftig. Kerne.
Wieder eine Welt für sich.

Was steckt dahinter?

Ich zerlege den Kern, die Fasern des Fruchtfleisches.
Irgendwann habe ich schon ganz triefende Hände, die Einzelteile der
Mandarinenkerne vor mir. Mandarinenstücke.

Doch: Je mehr ich suche, desto weniger hält man in der Hand.
Was bleibt über? Irgendwann nichts.



Dienstag, November 20, 2012


Montag, November 19, 2012

Atropa Belladonna

Ich kannte einst eine Tollkirsche
noch gut erinnere ich mich,
wie ich mich neugierig an sie heranpirschte.

Ihre dunkle Frucht glänzte schwarz und matt
im Sonnenlicht, wo ganz allein ich schlich,
leuchtete sie vor sich hin am Rande einer mir damals unbekannten Stadt.

Ich weiß nicht, hat sie mich zuvor gesehen?
Und mich angelockt mit Zaubersprüchen
oder haben gar launige Geister mitgewerkt, ungehört in ihrem Flehen

Nach Liebesspass und Lebensschmerz
Lebensflüchen
brennender Unruhe im Herz?

Ist auch ganz egal, schon war es zu spät, schon war ich zu nah
und konnte nicht mehr fort
Bunt, wild, verrückt, die Dinge, die ich fortan sah.

Sie sprach in derart lieblichem Ton,
ich wurde liebgekost an diesem Zauberhort,
und der Rest der Welt klang bloß wie banaler Hohn.

Wie Wellen trieben wir dahin im endlosen Ozean
war ich dahingespült,
doch nirgendwo kam ich, so scheint es, jemals an.

Jede Berührung war ein tosender Sturm
so weich und unaufhaltsam und um nichts betrogen!
nur ineinandergewachsen wie ein lebendiger Tollkirschen-Turm!

Zurück, zurück aus diesem Hexenreigen
schon zerschmolzen, meine Beine wurzeln schon in fremden Wald
ich wurde selbst zu Tollkirsche, wer kann mir den Weg zurück nur zeigen?

Raschen Schrittes ging ich ehrlich bemüht davon,
doch das dämmerte mir bald:
mein Geist, die Brücke in den Rest der Welt, alles war entflohn.

So lachten wir alsbald entrückt und unbeschwert fürs Erste fröhlich weiter,
schimmerten gemeinsam in diffusem Glanz im Zauberhain
Existenz - sie schien besinnungslos, die Geister waren heiter.

Noch eines muss ich sagen, so kostbar war sie und schön anzusehn,
und ich wusste doch - ich kann sie auch verletzen.
Deswegen - bevor der irre Ritt zum Sturze führt, sollt´ ich lieber gehn.

Aus der verrückten Tollkirschenwelt, wo es mir ganz ehrlich gut gefällt,
zu entkommen ist jedoch nicht leicht, dazu braucht es schon
Entschlossenheit und Willenskraft - der Weg hinaus jedoch war schier verstellt.

Als dann aus fremdem Himmel Zornes-Blitze kamen, die Wiese war bereits entzunden,
waren wir beinah - ja, in echter Lebensgefahr! -
es kam die dunkle Angst hervor - Gruselgrauenschaudern - innerhalb weniger Sekunden.

Nun, das braucht´ es wohl - davon gesprungen und entbunden!
Waren wir innerhalb weniger Stunden.

Die Zauberwelt sie schlummert nun, das Tollkirschengetränk im Schrank,
denk ich dran zurück - es war wie wunderbar und herrlich giftig - jedenfalls nicht krank.

Ich pirschte eben durch den Wald
niemals war mir so heiß, und niemals ähnlich kalt.

Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen,
Jahre, Tage, ohne Raum und Zeit das Tollkirschen-Verlangen!

Es war wunderschön und Tollkirschen sind gar herrlich anzuseh´n.
Seh ich eine wieder mal im Wald, ob töricht, oder irre,
Freunde! ich geh nicht weiter, bleib sicher wieder steh´n!

;-)
















Schicksalsknoten

Unsichtbare Linien ziehen sich
durch die ganze Welt
Bewusstseinsfäden
verbinden Menschen miteinander.

Wie Drähte aus Energie
funkeln die Gedanken
zwischen den Polen
von Menschen

Das eigentliche Geheimnis
hinter den Erscheinungen
der Materie die Kraft
die alles am Laufen hält.

Gedanken und Gefühle
denkt man
die sich steuern lassen
oder vergehen können.

Doch immer wieder
in der Nähe und der Entfernung
scheinen die Drähte aus Energie
zwischen Menschen,


die alles bestimmende Macht zu sein
Realer als die Gespräche, die man führt,
fühlbarer als die Dinge, die man berührt,
bedeutsamer, als die Dinge, die am Bildschirm dahinflimmern.

Schicksalsknoten. Lichtbänder.
Ihr Wollen bricht hervor in die Welt
des Seins - M/macht Schicksal.

Die inneren Bilder zu bestimmten Orten immer da.
Zeiten, Momente, Vergangenheit, Gegenwart
Die Bänder immer voller Energie.
Die Kommunikation immer im Gang.

Ohne Worte
Berührungen
und ohne Erwartungen.
Und doch voller Hoffnung.

Freitag, November 16, 2012


Fluss

Bedauern
Einsicht

Wechseln einander ab

Einsicht
Erkennen

Schubsen mich vorwärts

Erkennen
Wagen

zieht mich weiter

Wagen
Schweigen

zeichnet sich ab

Körper
Geist
Herz

werden eins.

Donnerstag, November 15, 2012

Manchmal
schaue ich zurück
und muss den Kopf schütteln

Über mich.
Wie ein Narr
torkle ich doch durchs Leben.

Renne hinter irgendetwas her
das vielleicht doch nichts zu tun hat
mit dem, was es zu sein scheint.

Erst später lichtet sich der
Nebel und die Einbildung
wird gelegentlich weniger.

Doch unerfreulich ebenso
das nicht Eingebildete.
Bleibt also

Die reine Freude am Moment.
Derer es soviele gibt.
routiniert, gekonnt, und doch vorgegaukelt.

Und dabei ist schon
der Stolperfaden gespannt
auf dass es später einmal

laut krachen möge,
wenn ich einst  zurück
und dann vielleicht nach vor schaue.

Mittwoch, November 14, 2012

Karma

Als rauschender Zug
reißt einen das Leben mit
und andere

Fieberhaftes Handeln
gegen den Sog des Universums
aus den Tiefen des Ich

Anhaften an der Welt
Festhalten an ihren Erscheinungen
Süchtig nach ihren Genüßen

Im Spiegel des Ichs
erkenne ich die Welt


Die Formen draußen bloß
berührbare Energie
und unfassbar doch

Wie ein Echo
aus anderen Leben
die Konturen der Gegenwart

Plötzlich befreit
und rückgeführt in

ins unermessliche Jetzt.

Dienstag, November 13, 2012

Werden Vergehen

Helles Licht
in Glanz empfängt
mich und die Welt
von Glück umschwelgt.
 
Dunkler Nächte Nebel uns umstellt
Sehnsucht Ängste Feuer und Flammen 
prägen diese Welt.


In Sonnenlicht und Stille
einst
die Erde uns empfängt.

Montag, November 12, 2012

Alles was
war
ist
wie es in der Erinnerung
wird.

Samstag, November 10, 2012

nachtfahrt

Rasante Reise
Reize
Strassenlaternen wischen über die Konturen von Gesichtern
Fetzen und dünne Striche
kahle Äste knorriger Bäume
Lautes Lachen
Lautlos hinter all dem Lärm

Bleiche Augen
Angstgeweitet
Schmal die Strasse
Funkengewitter
Leitplanken
verbrannter Gummi
Bremsen verschmort

Verdellte Strassenschilder

Der Wille der Strasse
übersetzt vom Willen des Geistes
die Armaturen torkeln durch das Dunkel
Links und rechts
hektisches auf der Bahn bleiben

weiß die langen Beine
am Nebensitz
Schwarz der Körper
Schwarz die Nacht
Unendlich das Verlangen

Nach Lebenslust.
Zwei Lichter nicht weit
Dahinter
kommen näher
Unaufhaltsam
der große Schatten am Wolkenhimmel
kein Schimmer vom Mond
kein Schimmer der Sonne

Bloß künstliches Licht
künstliches Licht
Dunkelheit
Licht
Dunkel

Schweigend
die Streifen auf der Strasse
Weiß
Asphalt
löchriges Netzwerk
Orientierung
auf der Strecke bleiben
auf der Bahn bleiben

Tanz der Gräser dazwischen
Zittrig die Hände
die Blicke
die Augen
die Berührungen
immerzu immer weiter immer tiefer
Ineinander verschlungen


Scheinwerfer weit hinten
Schweben durch das Nichts der Landschaft
Immerzu
Dazwischen kleine Abschnitte ganz hell
Schlafend
Nichtsahnend
Die Fahrer

In unseren Pupillen
spiegelt sich die Welt
Das viele Dunkel
Das viele Licht
zieht vorüber
verzogen
Leidenschaft
die Leiden schafft

Schweigsam die weiten Felder
links und rechts
die Hügel
das kalte Glitzern des Eises
ganz oben auf den Gipfeln
Jenseits von hier
ziehen Falken ihre Kreise

Die Lichter rücken in die Ferne
Immer weiter
Bloß Sterne
am Zelt des Himmels
in Unendlichkeit
Und Sonnen
und Lebenslust.

Donnerstag, November 08, 2012

Worte
sind Tore
durch die andere Welten
Zugang finden

Ins Jetzt
Energie und Geist
schrauben an der Realität
wie Ingeneure

die ein Projekt entwickeln.
Energieprojekt
Sein eigener Ingeneur sein.
Kraftwerk des Lebens.

Energie
die den Körper
in seine Schranken
verweist

Existenz
eine kleine Lichtinsel
im Schwarz des Kosmos

Der Körper
als Kanal
für die eine Kraft

Der Geist
arbeitet fieberhaft
an Lösungen

ehe die Fluten
des Schicksals
das Leben

entscheiden.
ganz klein
die Möglichkeiten

um den Kurs zu beeinflussen
die Worte geflüstert
bloß kurz

ein Moment
und es folgt die Zündung
beinahe irreal

und doch echter
als das plastische Leben
zu sein scheint.

Explosion der Gegenwart
Als Magier
ausgeliefert

mit der Aufhabe
die Aufgaben zu meistern
klein zu sein

 und Größe zu zeigen.


Gelegentlich verfällt
die Vernunft dem Glauben
alles zu wissen


und in Gefäße fassen zu können.

Doch ungewiß bleibt
wie lange die Gefäße
der Kraft standhalten

und ob sie standhalten sollen
und wie sich der losgetretene Wandel
meistern lässt.

Am Ende das Licht.