Donnerstag, November 30, 2006

Wir gingen in hohen Tempo über die Pflastersteine des Kirchenplatzes. Der Himmel war mittlerweile leicht bewölkt. Der Mond schimmerte durch die Wolkendecke. Für die späte Stunde war es aber ungewöhnlich hell. Das Licht der Stadt wurde von den Wolken zusätzlich reflektiert und färbte die Nacht silbrig-orange. "Wer ist Walter?" wollte ich von der rothaarigen Frau wissen. "Nicht wichtig." sagte sie kurz.
"Und wohin gehen wir? Ich muss nämlich bald nach Hause." sagte ich und kam mir dabei ziemlich albern vor. Ich war eigentlich aus dem Alter heraußen, in dem man zu einer bestimmten Uhrzeit daheim sein muss.
"Wir sind schon da." erwiderte sie kurz.
Wir kamen nach ein paar Schritten vor einem Haus zu Stehen. Die Frau blickte mich erneut an. Doch in ihren bis jetzt eher verfahrenen, eigentlich geistesabwesenden Blick trat ein wacherer Ausdruck. Die Anspannung schien aus ihr zu weichen. Sie lächelte leicht betreten, wich meinem Blick aus.
"Entschuldigen Sie. Das war jetzt wahrscheinlich ein bisschen aprupt. Hoffentlich bringe ich sie nicht in Schwierigkeiten."
Leider hatte ich keinen Instinkt, der mich vor Situationen warnte, denen man als vernünftiger Erwachsener aus dem Weg ging. Oder anders gesagt: Wahrscheinlich brauchte ich solche Situationen. Als Augenöffner. Da ich soviel mit abstrakten Informationen und Daten zu tun hatte, musste sowas passieren, um mich mit der Materialität und Echtheit meines Lebens in Verbindung zu bringen. Vielleicht war dieses Fehlen des Instinktes aber auch einfach nur eine evolutionäre oder genetische Schwachstelle in mir.
"Ich muss wirklich ein bisschen durchgeknallt auf sie wirken..." fuhr die Frau fort. "Aber mein Tag war etwas anstrengend. Da wird man schnell komisch."
Ich nickte. Die absolute Nichtabsehbarkeit der nächsten Momente versetzte mich in große Spannung. Die Frau war sehr attraktiv, wie ich erneut feststellte. Jeder Mann wäre wahrscheinlich gerne von ihr in Etwas verwickelt worden.
"Wie kann ich ihnen denn helfen?" wollte ich nun endlich wissen.
Die Frau holte tief Luft und sah mich mit großen Augen an. Eine Woge von Hitze stieg in mir empor. Ich wich ihrem Blick aus.
"Also. Oft, wissen sie, wage ich es nicht, alleine nach Hause zu gehen. Es leben ein paar seltsame Typen in der Gasse."
Sie blickte mit einem unsicheren Blick über die Reihe an verdunkelten Fenstern der umliegenden Wohnhäuser, wo absolut niemand mehr wach zu sein schien.
"Ich brauchte jemanden, der mich begleitet."
"Das hätten sie aber auch gleich sagen können." Ich war überrascht, dass ich so vertrauenserweckend aussah.
"Und wenn ich ihnen den zweiten Grund sage, wären sie sicher nicht mitgekommen..." fuhr sie fort. Dabei wirkte sie so, als wäre es ihr selbst peinlich.
"...aber, jemand anderes muss mit dem Schlüssel das Haustor aufsperren. Immer wenn ich es öffnen will, geht es nicht. Blöd nicht?"
Zum Beweis zog sie den Schlüssel aus ihrer Lederhandtasche, steckte ihn in das Schloss der Türe und versuchte ihn herumzudrehen. Nichts passierte.
"Es geht einfach nicht." Sie lachte. Der Klang dieses Lachens schien wie ein eiskalter, oder feurig heißer Tropfen in meine Seele zu tropfen. Der Klang hinterlies einen langen Nachhall. Er löste etwas aus. Es war, wie der Moment, bevor ein Steinhaufen auseinanderbricht. So ähnlich.
"Bitte machen Sie´s."
Sie hielt mir den Schlüssel hin.
Ich nahm ihn und führte ihn langsam in das Schloss. Es schnappte. Mit einem Klacken und einem leichten Druck sprang die schwere Holztür des Hauses einen Spalt auf. Dahinter Schwärze.
"Danke."hauchte sie. In ihrem Gesicht lag nun ein verschmitzter, hellwacher Ausdruck. "Das war sehr nett." Sie zog den Schlüssel ab und lies ihn in ihrer Tasche verschwinden.
"Wie heißen Sie eigentlich?" wollte ich wissen.
"...Ella." sagte sie und "Bis zum nächsten Mal."
Dann verschwand Ella in dem Haus und die Tür hinter ihr ging zu. Ich machte mich schleuningst am Heimweg und scheuchte die Gedanken an die seltsamen Typen in dieser Gegend energisch weg.

Dienstag, November 28, 2006

Die Kathedrale

Eines Tages stand ich am Rande des großen Gebetsraumes in der Kahtedrale, von der ich euch bereits erzählt hatte. Es war spät in der Nacht. Am Heimweg von meiner monotonen Arbeit - ich arbeite in der Informationsindustrie - beschloss ich, meine Gedanken zu sammeln und mich von der besinnungslosen Monotonie meines Alltags zu befreien. Also machte ich Halt in der Kathedrale.
Eine alte Frau, eingehüllt in eine dicke Jacke, mit einem Kopftuch auf, sodaß man ihr Gesicht nicht sehen konnte, saß regungslos auf einer der Holzbänke. Sie schien in ihr Gebet versunken zu sein, oder vielleicht war sie eingenickt. Sie hätte auch tot sein können.
Meistens aber sind solche Menschen am Leben. Daher kümmerte ich mich vorerst nicht weiter darum. Ich war froh, dass nicht irgendwelche leer dreinblickenden Touristen durch diesen heiligen Ort stolperten. Sie minderten den Geist solcher Plätze, fand ich. Und sie kamen nur an all die historischen und sakralen Orte, weil es in irgendeinem Reiseführer drinnen stand. Sie kamen, aber sie sahen nicht. So nahm ich es jedenfalls an. Und sie trotteten wie Lemminge wieder davon und wenn sie nicht dagewesen wären, würde es nicht den geringsten Unterschied für sie, oder für den Ort machen.
Nach einiger Zeit kam eine Frau in die Kathedrale. Ihr Schuhe mit Holzabsätzen hallten in dem weiten Raum. Sie hatte einen hektisch wirkenden Gang. Als würde sie eilig wohin müssen. Oder als würde sie gerade von einem ärgerlichen Gespräch kommen. Sie sah mich nicht, und die alte eingenickt Frau beachtete sie auch nicht.
Die Frau ging entschlossen ganz nach vor an den Altar. Ich konnte sie schon fast nicht mehr sehen, da sich in dem dunklen Licht die Konturen und Bewegungen für dem golden schimmernden Altar verloren. Ich konnte nicht genau erkennen, was sie vorne machte. Es schien, als würde sie unterschiedliche Dinge in Ordnung bringen. Aber nicht im Sinne von Aufräumen. Anders.
Dann kam sie wieder zurück. Dabei erblickte sie mich. Zuerst wich sie meinem Blick aus, ich musterte sie aber. Sie hatte dunkle Augen. Ihre Haare waren rot. Sie wirkte wie eine erwachsene Frau. Keine verwirrte Studentin, jedenfalls. Irgendwie wollte sie im ersten Moment die Kathedrale gleich wieder verlassen. Aber in ihrer Bewegung war ersichtlich, dass sie ihren Entschluss während des einen Moments noch änderte. Mir wurde aus irgendeinem Grund ganz heiß, als sie entschlossen vor mich trat und mit einem ernsten, sachlichen Blick ansah. "Haben sie Walter gesehen?" Ich schüttelte sprachlos den Kopf. "Nein. Weiss nicht." Sie nickte kurz, blickte auf ihre Uhr. "Könnten sie kurz mitkommen? Ich brauche ihre Hilfe."

Montag, November 27, 2006

loosizky

Hab ich euch schon mal von der Kathedrale erzählt, an der ich jeden Tag in den Morgenstunden, oder spät nachts vorbeikomme? Sie befindet sich in einem entlegenen Teil der seltsamen Stadt, in der ich zur Zeit lebe. Immer am Weg zur Arbeit gehe ich an den rießigen Pforten, an ihren steil aufragenden, schwarzen Gemäuern vorbei. Das Gebäude hat drei spitz zulaufende Türme, von denen der hintere der höchste ist. Seltsame, mittelalterliche Fratzen schmücken die verschiedenen Dach- und Mauervorsprünge. An den Außenwänden sind die Grabestafeln von Heiligen und Kirchenvätern montiert. Auf rießige Fensterportalen werden verschiedene Bibelszenen dargestellt. In lateinischen Lettern sind Gotteshuldigungen und Sinnsprüche festgehalten. Hinter dem Tor des Kirchenportals lauert eine bedrohliche Dunkelheit.

Meist steht beim Eingang ein zerlumpter Bettler, mit der roten Nase eines Säufers, oder eine alte Frau, die ihren mit einer offenen Wunde entstellten Fuß herzeigt und auf ein paar Münzen hofft.
Besonders jetzt, in der kalten Jahreszeit, wirkt die Kathedrale noch weniger einladend und verwunschener. Die Wolken hängen meist tief über den Dächern der Häuser und eine eigenartige Stille umgibt die ganze Gegend. Nur an manchen Tagen klingen leise Töne der Kirchenorgel aus der Kathedrale hervor. Aber selbst diese Melodien scheinen von Geisterhand in die Welt der Lebenden geschickt worden zu sein.
Es mag seltsam klingen, aber manchmal, da fühle ich mich angezogen von diesem Ort. Ich kann dann nicht direkt nach Hause gehen, wo meine Familie auf mich wartet, sondern biege unweigerlich vom Heimweg ab und husche eilig in das Innere des unheimlichen, schwarzen Gotteshauses.
Innen wird man von einer majestätischen Ruhe empfangen. Die Größe des Gebäudes ist von außen nicht abzuschätzen. Irgendwo im Dunkel über einem verlieren sich die breiten Steinsäulen, die das Dach der Kathedrale seit Jahrtausenden tragen. Weit vor einem, unzählige hölzerne Sitzreihen entfernt, ist der Hochaltar. Das Allerheiligste. Von flackernden Licht zweier Kerzen erhellt. Ein roter Teppich führt ganz nach vorne. In den Säulen und an den Wänden starren einen die Gesichter von Heiligen und Bibelgestalten an. Einige kleinere Altare und Gebetsecken sind mit Kerzenlicht erhellt.
Hinter einer der vielen verschlossenen Türen gibt es einen Weg zu den unterirdischen Höhlen, die auch unter der Wüste zu finden sind. Und ich weiß, dass sie alle miteinander verwoben sind. So wie alles miteinander verwoben ist. Zusammenhängt. Auf die eine oder andere Weise. Aber ich hatte noch nie Zeit, weiter zu suchen. Herauszufinden, wohin die vielen Geheimgänge und die vielen Treppenaufstiege führen. Mir fehlte jedesmal die Zeit. Obwohl ich doch soviel Zeit habe.
Ich verlasse die Kirche meist wieder, ehe ich anfangen kann, die eigentlichen Fragen zu stellen.
Es ist, als existieren diese Fragen in der Kathedrale nicht. Als würde meine Seele Teil einer anderen Seele werden. Es genügt, mit einem geleerten Geist ins Freie zu treten. In der Morgenstunde, in der Nacht. Solange die Tore in die Kathedrale auch geöffnet zu bleiben.

Mittwoch, November 22, 2006

Todaytwodei

Heute ein weiterer Tag in der langen, beschaulichen Wüste eines sich ständig verformenden und wandelnden Lebens. Am Horizont zeichnet die heiße Luft, der spezielle Winkel des Sonneneinfalls und nantürlich mein alles zu Logik kombinierendes Gehirn verwässerte Luftschlieren in den Himmel. Kleine Erinnerungen und Gedächtnismerker, dass es durchaus noch ein Leben jenseits eines eher dummen Tages geben kann.
Tatsächlich.
Alles geht vorbei. Das ist eine ultimative Wahrheit. Da kann keiner was dagegen sagen. Wenn man das nicht vergisst, kann man anderer Zeiten harren.
Allerdings habe ich den Verdacht, dass es noch etwas dauern könnte. Es ist nicht der passende Zeitpunkt, um von dem kargen, aber nicht komplett unfruchtbaren Inselchen wegzukommen, auf dem ich gerade herumstehe.
Langsam eröffnen sich die versandeten Tore, die in die rießigen Hallen unter der Erde führen. In denen ein seltsames, grünliches Licht schimmert. Ein Licht, das keine Quelle kennt, sondern einfach da ist. Die Hallen, die von mächtigen Säulen getragen werden, die sich in der Höhe verlieren. In ihnen sind unentschlüsselte Symbole, Hieroglyphen, Zeichnungen, dämonische Formen eingraviert. Es ist alles sehr rätselhaft und mystisch. Und dunkel. Und völlig still. Es ist aber eine beruhigende Stille. Die Luft ist etwas staubig. Eine Ruhe liegt in der Halle, wie sie von sakralen, geschützten, geweihten Orten ausgeht.

Ganz schön unheimlich. Was?

Sonntag, November 19, 2006

Eine Serie

Letztens wieder mal geplaudert. Mit der meiner Kollegin, der Nina. Darin wurde ich von der Idee gepackt, doch wieder mal eine TV-Serie zu entwickeln. Etwas Urbanes. Das den Nerv des Österreichers trifft und die Probleme unserer Zeit anspricht.
Ehrliche Figuren, aber nicht diesen abgedroschenen Kabarettisten-Humor, der von absolut angepassten Hof-Schreibern entwickelt ist. Sondern etwas Authentisches.
Die ostösterreichische Grantel-Stimmung und Figuren, die von gealterten Drehbuchlords erfunden worden sind, interessieren doch keine Sau.
Es muss etwas Neuartiges, Junges her. Ein frischer, analytischer Blick auf die Welt. Authentizität. Weg mit dem theatralen Gedudel arivierter Provinzfürsten.
Schluss mit dem peinlichen Klamauk, der sonst meistens provoziert wird und nur Geschichten und Figuren produziert, die wir in hunderttausendfacher Ausfertigung gesehen haben.
Dazu aber bedarf es - wenn es eine klar österreichische Serie werden soll - einer eingehenden Analyse der Volksbefindlichkeit. Der Mangel an wirklicher österreichischer Idendtität, das zwitterhafte Dasein dieses Staates zwischen retroaktiven, rein für touristische Zwecke eingesetzen Traditionsbewusstseins und einem halbbewussten, zähneknirschendem Anerkennen postmoderner, globaler Probleme, einer entwurzelten Religiösität und unreflektierten Alltagsleben macht aus uns nichts als meinungslose Konsumenten, mit einem Anspruch auf relativ viele Feiertage im Jahr.
Nicht umsonst saufen hierzulande derart viele Menschen. Und nicht umsonst befindet sich das Land in einer kulturellen, Star-Mania verseuchten Starre, in der jegliche neuartigen Impulse zeitverzögert und nur durch Druck in der internationalen Öffentlichkeit die dicke Haut der Ignoranz, Freunderlwirtschaft und Bequemlichekeit durchdringen und überhaupt je mehr werden, als bloße Gedanken an einem grauen, wolkenverhangenem Sonntag Nachmittag.

So ist es doch oder?

Dienstag, November 14, 2006

reise im finsteren

hab mit heute mit dem neugekauften mp3-player ausgerüstet eine tour mit meinem reparierten fahrrad gegönnt. Zur Musik der guten alten Doors bin ich dann die prater hauptalle zum lusthaus geradelt. Von dort weiter in den Wald dahinter. Es war schon ziemlich finster. Eine leichter Hauch vom blauen Himmel war noch zu sehen. Davor die schwarzen, knorrigen Äste der Bäume. In der Luft liegt ein herrlicher Geruch von Moder und Verfall. Eine dünne Schicht aus Laub liegt am Boden. Es fühlt sich dadurch an, als würde man auf einer Schicht aus Federn gehen.
Ich habe dann den handelskai gequert und bin entlang der Donau in eine Richtung geradelt. Auf dem fast geräuschlosen Strom sind zwei Kähne dahin getuckert. Und eine Nobelfähre war auch zu sehen. Von draußen hat man Leute an der Schiffsbar sitzen gesehen und in die Kajüten konnte man auch schauen. Hatte was Gemütliches. In einem rießigen, voll verglasten Speisesaal wurde gerade aufgedeckt und rundherum bis ans Ufer hat´s extrem stark nach Gebratenem Fleisch und Gemüse gerochen.
Wie kleine Inseln der Ruhe in einer stürmischen, futuristischen Welt hat das ausgesehen. Die ganze Gegend rundherum hat was Industrielles entlang der Donau. In jede Richtung sieht man Brücken, komplexe Lichterspiele von Straßen, Verkehr, Hochhäusern, U-Bahnen und Sendemasten. Entlang des Handelskais reihen sich rießige Container-Lagergelände aneinander.
Auf der gegenüberliegenden Uferseite sieht man den fetten, rießigen Schlot vom Kraftwerk Freudenau, der seinen bleichen Atem in die Atmosphäre ausstößt. Ein paar Brücken verbinden die Ufer miteinander. In der Ferne sieht man die hochmodernen Gebäude der Donau-City.
Ich bin eine Zeit so dahin geradelt, mittlerweile mit dem Sound von Ten Years After. Keine Menschenseele ist mir begegnet. Links die Lagerhallen und übereinander geschichteten Container, rechts die Donau, die ganz sanft ans Ufer plätscherte. Die Kähne darauf. Das Schiff. Die Kraftwerke. Es war, als wäre ich versehentlich in einem Musik-Video mit Dolby-Surround-Mischung geraten. Es war plastisch. Echt. Aber irgendwie auch eine Täuschung.
Nach einiger Zeit kam dann die Schleuse Freudenau. Ist ein beeindruckender Bau. Wie eine einzige, von Menschen geschaffene, aber für Menschen nicht verstehbare Maschine liegen die unterschiedlichen Wasser-Schleusen und Betonbauten nebeneinander. Treppen und Geländer reihen sich zwischen die massiven Stahlbetonbauten, die dem Strom Einhalt gebieten. Man sieht verglaste, büroartige Türme, deren Fenster aber verdunkelt sind. Es gibt Stahltüren, Zäune, aber kein Mensch war zu sehen. Mittlerweile war die Nacht bereits hereingebrochen. Der Wind wehte schon spürbarer dahin. Ein eigener Geruch von Wasser, von abgestandenem Wasser, hing in der Luft. Das Rauschen der Stadt drang aus der Ferne dazu. Irgendwo ist ein schmaler Weg für Menschen zwischen die Anlage gebaut. Über eine Rampe kommt man auf eine Brücke, die einen ans andere Ufer bringt. Dort aber lauerte nun nur noch die nackte Finsternis. Gestrüpp und eine wenig einladende Strauchlandschaft ist gerade noch auszumachen.
Die andere Seite.

Die wollte ich mir aber nicht mehr ansehen. Meine Musikliste war bei der Little Wing-Version von Stevie Ray Vaughan angelangt. Eine geniale Nummer. Ich dreht um. Gegen kräftigen Gegenwind strampelte ich mich bis zur Erschöpfung, warf noch einen eBlick in die Pagode am Donau-Ufer. Zwei Männer meditierten mit einem Gong und einem monotonen Trommelrhytmus. Eine kurze Unterbrechung in meinem Real-Videoclip. Dann ging es erst wieder heimwärts.

Montag, November 13, 2006

Halmargat

Yeah. Eine kleine Meldung des RocknRoll. Nichts Neues in der Hölle. Zuhause angekommen sollte ich eigentlich mal zwei Stunden bei absoltuer Stille an die Wand starren. Weil für Gespräche bin ich eh nicht zu haben. Mein Hirn ist einfach zu anders drauf.
Fernsehen hilft. O.C.California. Da gehts mir irgendwie besser nachher.

Hab ein paar Ideen und unternehme die ersten Schritte zur Rettung meiner abgewrackten und brachliegenden Seele.
Ich habe halt zuwenig Zeit. Ich müsste mehr verdienen und weniger arbeiten müssen. Das wäre optimal. So bin ich ein kleiner Tor in der Masse armer Tore. Ein kleines Rädchen in einer Riesenmaschine.
Da werden Erinnerungen wach. Wohin es genau geht - also wo ich selber hinwill, ist halt leider unklar.

tja. mehr ist nicht zusagen.

Heute.

Yo!

Halmargat

Yeah. Eine kleine Meldung des RocknRoll. Nichts Neues in der Hölle. Zuhause angekommen sollte ich eigentlich mal zwei Stunden bei absoltuer Stille an die Wand starren. Weil für Gespräche bin ich eh nicht zu haben. Mein Hirn ist einfach zu anders drauf.
Fernsehen hilft. O.C.California. Da gehts mir irgendwie besser nachher.

Hab ein paar Ideen und unternehme die ersten Schritte in Richtung weg von hier.
Ich habe halt zuwenig Zeit. Ich müsste mehr verdienen und weniger arbeiten müssen. Das wäre optimal. So bin ich ein kleiner Tor in der Masse armer Tore. Ein kleines Rädchen in einer Riesenmaschine.
Da werden Erinnerungen wach. Wohin es genau geht - also wo ich selber hinwill, ist halt leider unklar.

tja. mehr ist nicht zusagen.

Heute.

Yo!

Dienstag, November 07, 2006

onemorebangalore

November. Aus und vorbei der schöne sommerliche Herbst. Ab jetzt wirds früh dunkel und spät hell. Ein böiger Wind pfeift einem in die Ohren und täglich sprüht es unmotivierte Regenschauer vom Himmel. Die bunten Herbstfarben sind bereits einem monotonen, großstädtischen Grau gewichen. Die Bäume strecken ihre schwarzen und dunkelbraunen Äste in den Himmel, die Sträucher ranken sich dahin. Kombiniert mit dem allumfassenden, omnipräsenten Straßen-Hintergrundlärm ergibt das eine ernüchternde, eher trostlose Daueratmosphäre der Unentrinnbarkeit der Stadt.
Das Thema der Entkommens ist gerade recht dominant in meinem eher nicht so ekstatischen Leben. Die Arbeit ist unwahrscheinlich monoton und nervtötend. Die Inhaltslosigkeit meines Tuns wirkt sich ziemlich ungut auf die abnehmende Aktivität meiner Neuronen und Gehirnzellen aus. Die täglichen neun Stunden in der Arbeit sind eigentlich fast völlig inhaltsleer. Ich kopiere Information von einem Medium ins Andere. Sonst mache ich eigentlich nichts. Ich rede mit Kollegen - das nimmt einen geringen Anteil der Beschäftigung ein - und ich suche Fotos aus. Und ich nehme diverse Anordnungen meiner Vorgesetzten entgegen und setze sie um, möglichst ohne nachzudenken. Zwischendurch bekommt man mit, dass die Anderen mindestens ebenso frustriert sind. Aber niemand zeigt es. Und ich auch nicht. Naja. In vertraulichereren Gesprächen teile ich es schon mit. Aber es ist mir rätselhaft, wie man so eine Arbeit machen wollen kann. Können machen wolle. wollen machen kann. kachen mollen wann....oder so.
Tja, und aus dieser Situation heraus denke ich mir alle paar Minuten: Wie komme ich hier raus?

Ich wollte eigentlich nie hierherkommen - und bin trotzdem hereingestolpert in das typische Leben, das keiner führen will: hackeln, heimkommen, mit kind spielen, essen, fernschauen, pennen. aufstehen. dazwischen mit frau reden, mal eine runde vögeln - obwohl der öde job meine libido auch beeinträchtigt. allerdings entliebt man sich auch durch die ödnis in der arbeit.
jedenfalls denke ich mir auch: was wäre denn weniger spießig: rumvögeln, mehr saufen gehen, nicht arbeiten und mich nicht um meine kleine familie kümmern? oder wäre genau das nicht voll armselig? Am schlimmsten ist aber - um es nocheinletztesmalzuwiederholen - die geistige Inhaltslosigkeit der Arbeit. Die ist echt schlimm. So jetzt ist es gesagt. Und Ende.

Am Heimweg hab ich mich jetzt ein paar Mal in den Stephandsom gesetzt. Die Gedanken fließen lassen. Am Abend geht es, da sind nicht mehr soviele Touristen. Wobei es erstaunlich ist: diese Menschen stieren in ihren Reiseführer, rennen in den Dom, einmal nach vor an den Altar, dann an die Seite, zu kleineren Heiligenbildern, schauen dann einmal wortlos hinauf an die Decke der hohen, säulengetragenen Räume und dann rennen sie raus. Aber sie sehen nicht. Sie sehen eigentlich nichts.
Und ein weiteres Phänomen ist der Fotoapparatenmaniac. Er hat meistens ein ultraaffengeile Digitalkamera umgehängt, mit einem langen, langen Ding, heisst Objektiv gefährlich nach vorn gerichtet. Damit verewigt er dann die spannendsten Anblicke auf seinem Kamerachip. Hinter ihm, meist wortlos und zur Ahnungslosigkeit verdammt trottet seine Ehefrau, die - so scheint es - ihren Mann quasi Foto-Gassi führt. Er fotografiert alles, was irgendwie nach einem Bild fürs Fotoalbum ausschaut. Häuser, Strassen, Laternen, Speisekarten, Türen, Tore, Fenster, die TRagflächen des Charterjets. Alles. Das löst in mir diese Vision aus, von endlosen Weihnachtsabenden, wo dann erbarmungslos jedes verdammte, der dreihundert Fotos angeschaut, kommentiert und besproechen wird. Dabei ist der stolze Bilderjäger von Fotograf meist schon ein bisschen angetrunken und blickt voller Selbstzufriedenheit auf sein entbehrliches Machwerk, Schweißperlen auf der Stirn, den Mund zu einem leichten, zufriedenen Lächeln verzogen. Eiskalt.
Und ich sitz da auf einer der Holzbänke und bin hundemüde und geh dann irgendwann heimwärts. Und das war´s. Und denk mir, das Leben muss doch mehr übrig haben für uns Menschen. Gott hat das doch nicht einfach nur so geschaffen. Das kann nicht sein. Oder?