Mittwoch, Dezember 27, 2006

Beinahe nichts passiert

Ich war nicht gerade von Todesangst gepackt, während ich durch die langen Schächte der U-Bahn-Station ging. Alle 30 Meter waren in der Decke Beobachtungskameras postiert. Bleiches Neonlicht strahlte auf einen herunter. Ein schwarz-weiß gesprenkelter Marmorboden erstrecke sich fast spiegelglatt bis ans Ende des Ganges, wo eine Rolltreppe in die Oberwelt führte. Der Raum war erfüllt von den Geräuschen gehender Menschen. Hunderte unterschiedliche Arten zu Gehen klangen in meinem Ohr.
Auf dem Boden vor einer Glastür in der Wand saßen einige Junkies und starrten völlig weggetreten in ihre eigene Kotze. Ein junges, abgemagertes Mädchen saß mit halbgeöffneten Augen und von Benzodiazepinen gebläuten Lippen neben einem Typen, der mit Augen, in denen sich das Nichts eingenistet hatte, die Passanten anstarrte.
Ein bißchen machten mir diese zugedröhnten Kreaturen den Eindruck, als wären sie nur da, um die Verkommenheit und Abgestorbenheit dieser Stadt sichtbar zu machen. Als wären sie die Eingeweide des kollektiven Unbewussten. Die ausgebrannten Irrlichter des Fundaments dieser Stadt. Das morsche Gerüst unserer sonst so strahlenden Welt. Die Gegenargumente zu einer medienverseuchten Welt, in der der Anschein von Persönlichkeit mehr zählt, als das bloße Vorhandensein derselben. Sie wirkten so natürlich in dieser Umgebung und saßen auch trotz ihres erbärmlichen Zustandes mit einer Selbstverstädnlichkeit da, die jeden anderen Menschen erblassen ließe.
Als ich die Treppen hochsteigen wollte, um mich wieder in die geschäftige Welt des Alltaglebens einzuklinken, hörte ich die brummende Stimme eines vollbärtigen, großgewachsenen Säufers, der in seiner abgewetzten, vollgepinkelten Kluft dastand und durch die Gänge gröhlte. Zwei junge Frauen, die an ihm vorbeigingen senkten ihre Köpfe und machten einen richtigen Bogen um den grotesken Mann. "Ihr seid frei? Ihr seid glücklich?" schallte der Rübezahl ihnen nach. Er grunzte und lachte schallend und lange. "Ach...ihr seid doch nur Sklaven des Geldes...Hahaha..."
Dabei schwenkte er seine Bierflasche, prostete weiteren Passanten zu und leerte den Rest des Bieres in seiner Flasche. In Gedanken pflichtete ich dem Mann bei. Er hatte definitiv Recht. Und er hat seine Konsequenzen daraus gezogen. Und ist wieder in einer Art Gefängnis gelandet. Bevor ich in den eckigen Büroturm ging, in dem ich lange Strecken meiner Zeit auf der Erde verbringen musste, dachte ich mir noch, dass ich am Abend wohl zu Fuß heim gehen würde. Und vielleicht würde ich wieder einen Blick in die Kathedrale werfen.

Freitag, Dezember 15, 2006

Unterwegs

Ich starrte vor mich hin. In den Kurven rüttelte die Strassenbahn, während die Plastikhalter für die stehenden Gäste im Gleichtakt schaukelten. Draußen klatschten die Regentropfen an die Fensterscheibe. Die Wolken hingen heute tief am Himmel. Ich überlegte mir, wie oft ich schon diesen Weg gefahren bin. Zu oft. Die Straße hinunter, über den Fluß drüber. Umsteigen. Mit der Rolltreppe hinunterfahren. Die U-Bahn nehmen. Die tausenden Gedanken, die mir im Kopf herumgegeistert sind. Alle verloren. Vergessen. Ich weiß sie nicht mehr. Aber, tröstete ich mich, sie waren nicht umsonst. Bloß kleine Bojen, unausgesprochene Bojen im Meer meines Daseins. Das waren die Gedanken.
Zwischen den Regen mischten sich auch ein paar Schneeflocken, schien mir. Endlich wurde es kalt. Ich mochte es, wenn der Winter ins Land kam. Die dunkle Jahreszeit, wenn die Nacht schon am späten Nachmittag anfing, hatte immer schon einen ganz besonderen Zauber auf mich ausgeübt. Die meisten meiner Mitmenschen sahen darin nur die Trübsaal, unter der sie dann litten, oder das Gefühl zu frieren. Aber ich fand, dass sich dann der Blick eher ins Innere der Menschen richtete. Dass dann die Gespenter, die in uns wohnen, die Türen in die Welt leichter aufstossen können, leichter unter uns sind. Manche mögen sie nicht. Und mir machen sie auch manchmal Angst, aber irgendwie mag ich die Zeit und ich mag es, wenn auch die eigenen Geister einmal ihren Platz einnehmen dürfen.
Während mein Blick über die hunderttausenden Häuserwände streifte, vorbei an den kleinen Verkaufsgeschäften, über deren Existenz ich mich immer wieder wunderte und vorbei an den Menschen, die mit hochgestellten Kragen und in Schals verpackt irgendwohin gingen, da versuchte ich ein besonderes Gesicht zu finden. Nicht ausschließlich in ästhetischer Hinsicht, sondern ich menschlicher. Aber es war nicht so leicht. Irgendwann vergaß ich darauf, nachzuschauen. Ich fand kein besonderes Gesicht. Besondere Gesichter tauchen nur selten auf. Die meisten erscheinen zwar besonders, können diesen Schein aber nicht aufrecht erhalten. Wahrscheinlich gibt es generell gar nichts Besonderes. Es ist alles gleich besonders. Also äußerst basisdemokratisch besonders. Also fragte ich mich, was wäre, wenn ich auf ein solch noch nicht näher bekannt besonderes Gesicht treffen würde.
Ich dachte an den gestrigen Abend. Es schien mir, aus irgendeinem Grund, als wäre wahnsinnig viel passiert seitdem. Dabei war das nicht der Fall. Nicht wenn man solche Entwicklungen nach vergangener Zeit und der Anzahl bedeutender Ereignisse misst. Aber es kam mir vor, als wäre ich ein Stück irgendwohin gedriftet. Und das machte mir Angst. Es irritierte mich. Ich hatte keine Erklärung dafür. Es war doch alles wie vorher. Hoffte ich.
Wie hieß die rothaarige Frau nochmal? Ella. Was sie jetzt wohl machte? Eigentlich war ich mir nicht mehr so sicher, ob sie überhaupt existierte. Mir war klar, daß ich sie wiedersehen würde. Aber was wäre, wenn sie tatsächlich nicht existierte? Wenn diese Erscheinung zwischen den jahrtausende Alten Gemäuern der Kathedrale bloß ein Echo war, die Erinnerung, die sich in den Steinen gespeist hatte, oder eine Ahnung von Geschehnissen, die erst passieren würden?
Ich dachte an die Gasse, in der sie wohnte und versuchte alles in meiner Erinnerung zu behalten, um es nicht zu vergessen. Ich dachte an die seltsamen Typen, von denen sie gesprochen hat. Aber ich kammit diesen Überlegungen zu keinem Ende. Wieder einmal.

In der U-Bahn-Station holte mich das Jetzt wieder ein. Also eigentlich die Vergangenheit. Der Bombenanschlag, der aber keine Toten gefordert hatte. Zahlreiche Polizisten patrouillierten bei den Treppen zum U-Bahn-Bereich. Die Kameras zoomten sich von Passant zu Passant. Dazwischen eilten die Menschen hinauf oder hinunter. Jeder versuchte nicht sonderlich verunsichert zu wirken, um die plötzlich latent in der Luft hängende Panik nicht zu verstärken. Aber zugleich schien es jeder eine Spur eiliger als sonst zu haben, um an sein Ziel zu gelangen. Um das Risiko, in der Öffentlichkeit in die Luft gesprengt zu werden zu minimieren, weil es unwahrscheinlich war, dass man im privaten Rahmen oder am Arbeitsplatz in die Luft gesprengt wurde. Viele Augen waren ganz leicht geweitet. Die Blicke tasteten fast schon gehetzt ihre Umgebung ab. Die Kameras kontrollierten alles. Die Polizisten schauten jeden ernst an. Woher kam die Gefahr? Wer wollte sich und, oder Andere in die Luft sprengen. Wie konnte man es verhindern? Wie würde man die Täter nachher, so es ihnen gelingen sollte, fassen können?
Ich wurde selbst unruhig. Mir wurde klar, dass ich auch jeden Moment würde sterben können. Man wusste nicht, was die Bombenleger wollten. Wen sie töten wollten, was ihre Ziele waren. Daher war man einer gewissen Todesgefahr ausgeliefert, die unberechenbar und allgegenwärtig war. So schnell ging das also. Gestern noch normal zu Mittag gegessen, heute in Todesgefahr und ein bißchen von Irgendwo nach Irgendwo abgedriftet. Dabei ist mir in eigentlichen Sinn noch gar nichts passiert. Aber manche Dinge, dachte ich mir beim Einsteigen in die U-Bahn, passieren schon, bevor sie passieren.

Montag, Dezember 11, 2006

Erwachen

Der nächste Morgen war etwas verstörend. Im Kopf hing mir noch ein seltsamer Traum nach, der keine Bilder in mir hinterlassen hatte, dafür aber, so fühlte es sich an, die Hälfte meines Bewusstseins scheinbar gefangen hielt. Ich blinzelte in den Tag hinaus, erhob mich ächzend und bemerkte, dass mein Körper wiederstandslos tat, was ich mir eben wollte, dass er tun sollte. Aber trotzdem war ich irgendwie auch nicht da. So ist das eben manchmal. Annabell schien nichts davon zu bemerken. Sie flitzte schon aufgeweckt durch die Wohnung. Auch unsere Tochter schien nichts von meiner seltsamen zweiten Welt, in der ich mich gerade befand mitzubekommen.
Mein Geist war da, und auch nicht. Irgendwie glaubte ich plötzlich, dass ich immer noch in der Kathedrale stand. Obwohl alle meine Sinne mir mitteilten, dass ich in meinem Zuhause war.
Soetwas konnte manchmal vorkommen. Ich kannte solche seltsamen Zustände. Allerdings hatten sie meist damit zu tun, dass ich in den Tagen davor irgendwelche Drogen konsumiert hatte. Aber das tat ich schon lange nicht mehr. "Wer ist Walter?" hatte jemand gefragt.
"Was sagts du?" fragte mich meine Frau. Meine echte Frau. In der echten Welt. Nichts, antwortete ich, oder auch nichts.
Als ich aus dem Schlafzimmer trat, knallte mir das gräuliche Licht vom Himmel entgegen. Ich fühlte richtig, unter welcher Spannung mein Geist war. Immerhin hatte er diese weite Entfernung bis zur Kathedrale auszuhalten. Und dort war ich immer noch stehen geblieben. lass es gut sein, sprach ich mir beruhigend zu. Es ist einfach so.
In der Küche kochte schon der Kaffee. Die Zeitung lag am Tisch. Als ich den ersten Schluck nahm und die Titelseite durchlas, war Annabell schon mit unserer Tochter weggegangen. In aller Herrgottsfrüh. Am Vortag war in der Nacht eine Bombe explodiert. Der Vorfall hatte sich in einer Einkaufsstrasse ereignet. Menschen waren keine zu Schaden gekommen. Die Hintergründe waren voererst unklar. Der Sachschaden war allerdings erheblich. Mehrere Geschäftslokale sollen vollkommen ausgebrannt sein. Ein Wunder eigentlich, dass niemandem etwas passiert war. Beim Überfliegen der nächsten Seiten waren noch ein paar Meldungen der aktuellen Innepolitik und unterschiedlichen Popstars, deren Schicksal tagtäglich in der Öffentlichkeit ausgebreitet wurde. Es war völlig unwichtig, wirklich.
Zu mehr reichte meine Zeit auch schon nicht mehr. Beim Blick auf die Uhrzeit wurde mir klar, dass ich sowieso schon spät dran war. Als ich die Wohnung verlies, hatte ich kurz wieder ein Gefühl. Sozusagen ein Gefühl von der anderen Seite. Oder vielleicht war es eher ein Bild. Es war der Anblick der Kathedrale. Der Blick in ihr schwarzes Portal. In die Finsternis ihres Raumes. Es war wie ein Blick in eine Art Nichts. Der Blick war aber auch nicht beängstigend. Er war einfach da und es war so, dass er irgendwie nicht hierher gehörte und das möglicherweise ein Teil meines Geister noch dort war. Vielleicht aber auch nicht.
Jedenfalls verließ ich dann meine Wohnung und ging zur Arbeit. Und irgendwie dachte ich mir schon beim Einsteigen in die U-Bahn, dass dieser Tag etwas ganz Besonderes werden sollte.

Samstag, Dezember 02, 2006

Zuhause

Als ich nach Hause kam, beschloss ich die seltsame Begegnung nicht zu erzählen. Es hätte nichts gebracht. Annabell, meine Freundin (wir waren nicht verheiratet), hatte wenig Verständnis für solche Geschichten. Absurditäten und nicht im Alltag beheimatete Geschichten machten ihr Angst glaube ich. Oder sie verachtete es aus einem anderen Grund. Ich kam nie dahinter, nach welchen Kriterien Menschen das Eine für Gut und das Andere für schlecht befinden. Und wie sich die individuellen Zu- und Abneigungen im Kollektiv zu einer hochexplosiven, jeder Vernunft entbehrenden, mordenen Masse werden können.
Es ist natürlich sehr schwierig, die genaue Beschaffenheit unserer Beziehung in wenigen Worten zu schildern. Es wird sich aber noch zeigen, denke ich. Jedenfalls wurde ich gleich von meiner kleinen Tochter begrüßt, die lachend auf mich zulief und hochgehoben werden wollte.
Annabell erinnerte mich, dass ich mir die Hände waschen sollte. Sie hauchte mir einen Kuss auf den Mund und verschwand in die Küche.
Ich tat, wie sie es von mir verlangte und spielte danach mit meiner Tochter. Immer wieder aber hatte ich die Gedanken an diese Begegnung mit der Frau im Hinterkopf. Wahrscheinlich hat man immer etwas im Hinterkopf. Es war wie, wenn man den Geschmack einer intensiven Speise noch lange am Gaumen hat. Und ich erinnerte mich gern an den Geschmack dieser Frau sozusagen. Als kleine, nette Erinnerung.
Ich wurde von Annabell mit strengen Blicken bedacht, da ich etwas spät dran war und sie einen anstrengenden Tag hatte. Und ich war zufällig in der Nähe. Ich war also jemand, den man es spüren lassen konnte. Als Versicherung der eigenen Existenz die Wirkung der eigenen Psyche im Anderen erforschen. Den Schlüssel finden.
Wir unterhielten uns beim Essen über den Tag, die wichtigsten Fortschritte unserer Tochter und andere Kleinigkeiten.
Irgendwann wurde ich gefragt: "War heute irgendwas? Du schaust so...anders aus." Ertappt verneinte ich. Man konnte Annabell einfach nichts vormachen. Sie merkte alles. Aber ich versteifte mich darauf alles abzustreiten - und es gab ja nichts zu verheimlichen. Mit einem ungläubigen Blick erhob sie sich. Schweigend räumten wir den Tisch ab. Dann wurde unsere Tochter ins Bett gebracht. Nach wenigen Minuten war es völlig still im Zimmer geworden. Meistens schlief Annabell im Bett neben dem Kind ein. Ich stellte mich zu dem Fenster im Arbeitszimmer und schaute auf die Dächer der Stadt. Wir hatten nämlich das Glück, eine Wohnung im obersten Stock zu bewohnen. Irgendwo da draußen passierten tausende Geschichten. Tausende Sünden, tausende Ekstasen, tausende Enttäuschungen, tausende Tode. Permanent. Hier herinnen da war es aber ganz still und behütet. Und das Leben in diesem abgeschlossenen Eiland stand ganz im Zeichen unseres Kindes. Im Zeichen einer noch unbeschwerten, unschuldigen Lebensfreude. Hier war es irgendwie rein. Man schlief hier herinnen, man aß, man liebte sich, spielte, tanzte, machte Musik. Es war in gewisser Weise wunderbar, abgesehen von den strengen Charakterzügen Annabells, die in Wellen ausbrachen oder zufrieden schlummerten.
Ich konnte nie genau sagen, in welcher Welt ich eigentlich leben wollte. Wahrscheinlich in keiner der Beiden. Oder in Beiden.
Nach einer Weile bemerkte ich, dass ich auch selber hundemüde war. Außerdem würde ich morgen aufstehen müssen. Arbeiten. In der Informationsindustrie schuften. Ich warf einen Blick in das Schlafzimmer und hörte die Atemgeräusche. Ein Atem war unruhig und schnell, das war der meines Kindes. Der andere war fast nicht zu hören, zurückhaltend, als wollte er den Atem des Kindes nicht stören. Annabell lag im Tiefschlaf und angezogen im Bett. Ich verspürte eine gewisse Erregung und bekam wahnsinnige Lust auf Sex. Ich huschte schnell zu ihr ins Bett und schmiegte mich an sie. Durch meine Küsse lies sie sich schnell in Stimmung bringen und wir schliefen miteinander. Allerdings ganz leise und sanft, da wir das Kind aufwecken sollten.
Ich dankte Gott, dass es so war, wie es war. Und dachte mir, nichts sollte dieses Leben in Gefahr bringen. Als könnte man das Leben einfach abbestellen.

Donnerstag, November 30, 2006

Wir gingen in hohen Tempo über die Pflastersteine des Kirchenplatzes. Der Himmel war mittlerweile leicht bewölkt. Der Mond schimmerte durch die Wolkendecke. Für die späte Stunde war es aber ungewöhnlich hell. Das Licht der Stadt wurde von den Wolken zusätzlich reflektiert und färbte die Nacht silbrig-orange. "Wer ist Walter?" wollte ich von der rothaarigen Frau wissen. "Nicht wichtig." sagte sie kurz.
"Und wohin gehen wir? Ich muss nämlich bald nach Hause." sagte ich und kam mir dabei ziemlich albern vor. Ich war eigentlich aus dem Alter heraußen, in dem man zu einer bestimmten Uhrzeit daheim sein muss.
"Wir sind schon da." erwiderte sie kurz.
Wir kamen nach ein paar Schritten vor einem Haus zu Stehen. Die Frau blickte mich erneut an. Doch in ihren bis jetzt eher verfahrenen, eigentlich geistesabwesenden Blick trat ein wacherer Ausdruck. Die Anspannung schien aus ihr zu weichen. Sie lächelte leicht betreten, wich meinem Blick aus.
"Entschuldigen Sie. Das war jetzt wahrscheinlich ein bisschen aprupt. Hoffentlich bringe ich sie nicht in Schwierigkeiten."
Leider hatte ich keinen Instinkt, der mich vor Situationen warnte, denen man als vernünftiger Erwachsener aus dem Weg ging. Oder anders gesagt: Wahrscheinlich brauchte ich solche Situationen. Als Augenöffner. Da ich soviel mit abstrakten Informationen und Daten zu tun hatte, musste sowas passieren, um mich mit der Materialität und Echtheit meines Lebens in Verbindung zu bringen. Vielleicht war dieses Fehlen des Instinktes aber auch einfach nur eine evolutionäre oder genetische Schwachstelle in mir.
"Ich muss wirklich ein bisschen durchgeknallt auf sie wirken..." fuhr die Frau fort. "Aber mein Tag war etwas anstrengend. Da wird man schnell komisch."
Ich nickte. Die absolute Nichtabsehbarkeit der nächsten Momente versetzte mich in große Spannung. Die Frau war sehr attraktiv, wie ich erneut feststellte. Jeder Mann wäre wahrscheinlich gerne von ihr in Etwas verwickelt worden.
"Wie kann ich ihnen denn helfen?" wollte ich nun endlich wissen.
Die Frau holte tief Luft und sah mich mit großen Augen an. Eine Woge von Hitze stieg in mir empor. Ich wich ihrem Blick aus.
"Also. Oft, wissen sie, wage ich es nicht, alleine nach Hause zu gehen. Es leben ein paar seltsame Typen in der Gasse."
Sie blickte mit einem unsicheren Blick über die Reihe an verdunkelten Fenstern der umliegenden Wohnhäuser, wo absolut niemand mehr wach zu sein schien.
"Ich brauchte jemanden, der mich begleitet."
"Das hätten sie aber auch gleich sagen können." Ich war überrascht, dass ich so vertrauenserweckend aussah.
"Und wenn ich ihnen den zweiten Grund sage, wären sie sicher nicht mitgekommen..." fuhr sie fort. Dabei wirkte sie so, als wäre es ihr selbst peinlich.
"...aber, jemand anderes muss mit dem Schlüssel das Haustor aufsperren. Immer wenn ich es öffnen will, geht es nicht. Blöd nicht?"
Zum Beweis zog sie den Schlüssel aus ihrer Lederhandtasche, steckte ihn in das Schloss der Türe und versuchte ihn herumzudrehen. Nichts passierte.
"Es geht einfach nicht." Sie lachte. Der Klang dieses Lachens schien wie ein eiskalter, oder feurig heißer Tropfen in meine Seele zu tropfen. Der Klang hinterlies einen langen Nachhall. Er löste etwas aus. Es war, wie der Moment, bevor ein Steinhaufen auseinanderbricht. So ähnlich.
"Bitte machen Sie´s."
Sie hielt mir den Schlüssel hin.
Ich nahm ihn und führte ihn langsam in das Schloss. Es schnappte. Mit einem Klacken und einem leichten Druck sprang die schwere Holztür des Hauses einen Spalt auf. Dahinter Schwärze.
"Danke."hauchte sie. In ihrem Gesicht lag nun ein verschmitzter, hellwacher Ausdruck. "Das war sehr nett." Sie zog den Schlüssel ab und lies ihn in ihrer Tasche verschwinden.
"Wie heißen Sie eigentlich?" wollte ich wissen.
"...Ella." sagte sie und "Bis zum nächsten Mal."
Dann verschwand Ella in dem Haus und die Tür hinter ihr ging zu. Ich machte mich schleuningst am Heimweg und scheuchte die Gedanken an die seltsamen Typen in dieser Gegend energisch weg.

Dienstag, November 28, 2006

Die Kathedrale

Eines Tages stand ich am Rande des großen Gebetsraumes in der Kahtedrale, von der ich euch bereits erzählt hatte. Es war spät in der Nacht. Am Heimweg von meiner monotonen Arbeit - ich arbeite in der Informationsindustrie - beschloss ich, meine Gedanken zu sammeln und mich von der besinnungslosen Monotonie meines Alltags zu befreien. Also machte ich Halt in der Kathedrale.
Eine alte Frau, eingehüllt in eine dicke Jacke, mit einem Kopftuch auf, sodaß man ihr Gesicht nicht sehen konnte, saß regungslos auf einer der Holzbänke. Sie schien in ihr Gebet versunken zu sein, oder vielleicht war sie eingenickt. Sie hätte auch tot sein können.
Meistens aber sind solche Menschen am Leben. Daher kümmerte ich mich vorerst nicht weiter darum. Ich war froh, dass nicht irgendwelche leer dreinblickenden Touristen durch diesen heiligen Ort stolperten. Sie minderten den Geist solcher Plätze, fand ich. Und sie kamen nur an all die historischen und sakralen Orte, weil es in irgendeinem Reiseführer drinnen stand. Sie kamen, aber sie sahen nicht. So nahm ich es jedenfalls an. Und sie trotteten wie Lemminge wieder davon und wenn sie nicht dagewesen wären, würde es nicht den geringsten Unterschied für sie, oder für den Ort machen.
Nach einiger Zeit kam eine Frau in die Kathedrale. Ihr Schuhe mit Holzabsätzen hallten in dem weiten Raum. Sie hatte einen hektisch wirkenden Gang. Als würde sie eilig wohin müssen. Oder als würde sie gerade von einem ärgerlichen Gespräch kommen. Sie sah mich nicht, und die alte eingenickt Frau beachtete sie auch nicht.
Die Frau ging entschlossen ganz nach vor an den Altar. Ich konnte sie schon fast nicht mehr sehen, da sich in dem dunklen Licht die Konturen und Bewegungen für dem golden schimmernden Altar verloren. Ich konnte nicht genau erkennen, was sie vorne machte. Es schien, als würde sie unterschiedliche Dinge in Ordnung bringen. Aber nicht im Sinne von Aufräumen. Anders.
Dann kam sie wieder zurück. Dabei erblickte sie mich. Zuerst wich sie meinem Blick aus, ich musterte sie aber. Sie hatte dunkle Augen. Ihre Haare waren rot. Sie wirkte wie eine erwachsene Frau. Keine verwirrte Studentin, jedenfalls. Irgendwie wollte sie im ersten Moment die Kathedrale gleich wieder verlassen. Aber in ihrer Bewegung war ersichtlich, dass sie ihren Entschluss während des einen Moments noch änderte. Mir wurde aus irgendeinem Grund ganz heiß, als sie entschlossen vor mich trat und mit einem ernsten, sachlichen Blick ansah. "Haben sie Walter gesehen?" Ich schüttelte sprachlos den Kopf. "Nein. Weiss nicht." Sie nickte kurz, blickte auf ihre Uhr. "Könnten sie kurz mitkommen? Ich brauche ihre Hilfe."

Montag, November 27, 2006

loosizky

Hab ich euch schon mal von der Kathedrale erzählt, an der ich jeden Tag in den Morgenstunden, oder spät nachts vorbeikomme? Sie befindet sich in einem entlegenen Teil der seltsamen Stadt, in der ich zur Zeit lebe. Immer am Weg zur Arbeit gehe ich an den rießigen Pforten, an ihren steil aufragenden, schwarzen Gemäuern vorbei. Das Gebäude hat drei spitz zulaufende Türme, von denen der hintere der höchste ist. Seltsame, mittelalterliche Fratzen schmücken die verschiedenen Dach- und Mauervorsprünge. An den Außenwänden sind die Grabestafeln von Heiligen und Kirchenvätern montiert. Auf rießige Fensterportalen werden verschiedene Bibelszenen dargestellt. In lateinischen Lettern sind Gotteshuldigungen und Sinnsprüche festgehalten. Hinter dem Tor des Kirchenportals lauert eine bedrohliche Dunkelheit.

Meist steht beim Eingang ein zerlumpter Bettler, mit der roten Nase eines Säufers, oder eine alte Frau, die ihren mit einer offenen Wunde entstellten Fuß herzeigt und auf ein paar Münzen hofft.
Besonders jetzt, in der kalten Jahreszeit, wirkt die Kathedrale noch weniger einladend und verwunschener. Die Wolken hängen meist tief über den Dächern der Häuser und eine eigenartige Stille umgibt die ganze Gegend. Nur an manchen Tagen klingen leise Töne der Kirchenorgel aus der Kathedrale hervor. Aber selbst diese Melodien scheinen von Geisterhand in die Welt der Lebenden geschickt worden zu sein.
Es mag seltsam klingen, aber manchmal, da fühle ich mich angezogen von diesem Ort. Ich kann dann nicht direkt nach Hause gehen, wo meine Familie auf mich wartet, sondern biege unweigerlich vom Heimweg ab und husche eilig in das Innere des unheimlichen, schwarzen Gotteshauses.
Innen wird man von einer majestätischen Ruhe empfangen. Die Größe des Gebäudes ist von außen nicht abzuschätzen. Irgendwo im Dunkel über einem verlieren sich die breiten Steinsäulen, die das Dach der Kathedrale seit Jahrtausenden tragen. Weit vor einem, unzählige hölzerne Sitzreihen entfernt, ist der Hochaltar. Das Allerheiligste. Von flackernden Licht zweier Kerzen erhellt. Ein roter Teppich führt ganz nach vorne. In den Säulen und an den Wänden starren einen die Gesichter von Heiligen und Bibelgestalten an. Einige kleinere Altare und Gebetsecken sind mit Kerzenlicht erhellt.
Hinter einer der vielen verschlossenen Türen gibt es einen Weg zu den unterirdischen Höhlen, die auch unter der Wüste zu finden sind. Und ich weiß, dass sie alle miteinander verwoben sind. So wie alles miteinander verwoben ist. Zusammenhängt. Auf die eine oder andere Weise. Aber ich hatte noch nie Zeit, weiter zu suchen. Herauszufinden, wohin die vielen Geheimgänge und die vielen Treppenaufstiege führen. Mir fehlte jedesmal die Zeit. Obwohl ich doch soviel Zeit habe.
Ich verlasse die Kirche meist wieder, ehe ich anfangen kann, die eigentlichen Fragen zu stellen.
Es ist, als existieren diese Fragen in der Kathedrale nicht. Als würde meine Seele Teil einer anderen Seele werden. Es genügt, mit einem geleerten Geist ins Freie zu treten. In der Morgenstunde, in der Nacht. Solange die Tore in die Kathedrale auch geöffnet zu bleiben.

Mittwoch, November 22, 2006

Todaytwodei

Heute ein weiterer Tag in der langen, beschaulichen Wüste eines sich ständig verformenden und wandelnden Lebens. Am Horizont zeichnet die heiße Luft, der spezielle Winkel des Sonneneinfalls und nantürlich mein alles zu Logik kombinierendes Gehirn verwässerte Luftschlieren in den Himmel. Kleine Erinnerungen und Gedächtnismerker, dass es durchaus noch ein Leben jenseits eines eher dummen Tages geben kann.
Tatsächlich.
Alles geht vorbei. Das ist eine ultimative Wahrheit. Da kann keiner was dagegen sagen. Wenn man das nicht vergisst, kann man anderer Zeiten harren.
Allerdings habe ich den Verdacht, dass es noch etwas dauern könnte. Es ist nicht der passende Zeitpunkt, um von dem kargen, aber nicht komplett unfruchtbaren Inselchen wegzukommen, auf dem ich gerade herumstehe.
Langsam eröffnen sich die versandeten Tore, die in die rießigen Hallen unter der Erde führen. In denen ein seltsames, grünliches Licht schimmert. Ein Licht, das keine Quelle kennt, sondern einfach da ist. Die Hallen, die von mächtigen Säulen getragen werden, die sich in der Höhe verlieren. In ihnen sind unentschlüsselte Symbole, Hieroglyphen, Zeichnungen, dämonische Formen eingraviert. Es ist alles sehr rätselhaft und mystisch. Und dunkel. Und völlig still. Es ist aber eine beruhigende Stille. Die Luft ist etwas staubig. Eine Ruhe liegt in der Halle, wie sie von sakralen, geschützten, geweihten Orten ausgeht.

Ganz schön unheimlich. Was?

Sonntag, November 19, 2006

Eine Serie

Letztens wieder mal geplaudert. Mit der meiner Kollegin, der Nina. Darin wurde ich von der Idee gepackt, doch wieder mal eine TV-Serie zu entwickeln. Etwas Urbanes. Das den Nerv des Österreichers trifft und die Probleme unserer Zeit anspricht.
Ehrliche Figuren, aber nicht diesen abgedroschenen Kabarettisten-Humor, der von absolut angepassten Hof-Schreibern entwickelt ist. Sondern etwas Authentisches.
Die ostösterreichische Grantel-Stimmung und Figuren, die von gealterten Drehbuchlords erfunden worden sind, interessieren doch keine Sau.
Es muss etwas Neuartiges, Junges her. Ein frischer, analytischer Blick auf die Welt. Authentizität. Weg mit dem theatralen Gedudel arivierter Provinzfürsten.
Schluss mit dem peinlichen Klamauk, der sonst meistens provoziert wird und nur Geschichten und Figuren produziert, die wir in hunderttausendfacher Ausfertigung gesehen haben.
Dazu aber bedarf es - wenn es eine klar österreichische Serie werden soll - einer eingehenden Analyse der Volksbefindlichkeit. Der Mangel an wirklicher österreichischer Idendtität, das zwitterhafte Dasein dieses Staates zwischen retroaktiven, rein für touristische Zwecke eingesetzen Traditionsbewusstseins und einem halbbewussten, zähneknirschendem Anerkennen postmoderner, globaler Probleme, einer entwurzelten Religiösität und unreflektierten Alltagsleben macht aus uns nichts als meinungslose Konsumenten, mit einem Anspruch auf relativ viele Feiertage im Jahr.
Nicht umsonst saufen hierzulande derart viele Menschen. Und nicht umsonst befindet sich das Land in einer kulturellen, Star-Mania verseuchten Starre, in der jegliche neuartigen Impulse zeitverzögert und nur durch Druck in der internationalen Öffentlichkeit die dicke Haut der Ignoranz, Freunderlwirtschaft und Bequemlichekeit durchdringen und überhaupt je mehr werden, als bloße Gedanken an einem grauen, wolkenverhangenem Sonntag Nachmittag.

So ist es doch oder?

Dienstag, November 14, 2006

reise im finsteren

hab mit heute mit dem neugekauften mp3-player ausgerüstet eine tour mit meinem reparierten fahrrad gegönnt. Zur Musik der guten alten Doors bin ich dann die prater hauptalle zum lusthaus geradelt. Von dort weiter in den Wald dahinter. Es war schon ziemlich finster. Eine leichter Hauch vom blauen Himmel war noch zu sehen. Davor die schwarzen, knorrigen Äste der Bäume. In der Luft liegt ein herrlicher Geruch von Moder und Verfall. Eine dünne Schicht aus Laub liegt am Boden. Es fühlt sich dadurch an, als würde man auf einer Schicht aus Federn gehen.
Ich habe dann den handelskai gequert und bin entlang der Donau in eine Richtung geradelt. Auf dem fast geräuschlosen Strom sind zwei Kähne dahin getuckert. Und eine Nobelfähre war auch zu sehen. Von draußen hat man Leute an der Schiffsbar sitzen gesehen und in die Kajüten konnte man auch schauen. Hatte was Gemütliches. In einem rießigen, voll verglasten Speisesaal wurde gerade aufgedeckt und rundherum bis ans Ufer hat´s extrem stark nach Gebratenem Fleisch und Gemüse gerochen.
Wie kleine Inseln der Ruhe in einer stürmischen, futuristischen Welt hat das ausgesehen. Die ganze Gegend rundherum hat was Industrielles entlang der Donau. In jede Richtung sieht man Brücken, komplexe Lichterspiele von Straßen, Verkehr, Hochhäusern, U-Bahnen und Sendemasten. Entlang des Handelskais reihen sich rießige Container-Lagergelände aneinander.
Auf der gegenüberliegenden Uferseite sieht man den fetten, rießigen Schlot vom Kraftwerk Freudenau, der seinen bleichen Atem in die Atmosphäre ausstößt. Ein paar Brücken verbinden die Ufer miteinander. In der Ferne sieht man die hochmodernen Gebäude der Donau-City.
Ich bin eine Zeit so dahin geradelt, mittlerweile mit dem Sound von Ten Years After. Keine Menschenseele ist mir begegnet. Links die Lagerhallen und übereinander geschichteten Container, rechts die Donau, die ganz sanft ans Ufer plätscherte. Die Kähne darauf. Das Schiff. Die Kraftwerke. Es war, als wäre ich versehentlich in einem Musik-Video mit Dolby-Surround-Mischung geraten. Es war plastisch. Echt. Aber irgendwie auch eine Täuschung.
Nach einiger Zeit kam dann die Schleuse Freudenau. Ist ein beeindruckender Bau. Wie eine einzige, von Menschen geschaffene, aber für Menschen nicht verstehbare Maschine liegen die unterschiedlichen Wasser-Schleusen und Betonbauten nebeneinander. Treppen und Geländer reihen sich zwischen die massiven Stahlbetonbauten, die dem Strom Einhalt gebieten. Man sieht verglaste, büroartige Türme, deren Fenster aber verdunkelt sind. Es gibt Stahltüren, Zäune, aber kein Mensch war zu sehen. Mittlerweile war die Nacht bereits hereingebrochen. Der Wind wehte schon spürbarer dahin. Ein eigener Geruch von Wasser, von abgestandenem Wasser, hing in der Luft. Das Rauschen der Stadt drang aus der Ferne dazu. Irgendwo ist ein schmaler Weg für Menschen zwischen die Anlage gebaut. Über eine Rampe kommt man auf eine Brücke, die einen ans andere Ufer bringt. Dort aber lauerte nun nur noch die nackte Finsternis. Gestrüpp und eine wenig einladende Strauchlandschaft ist gerade noch auszumachen.
Die andere Seite.

Die wollte ich mir aber nicht mehr ansehen. Meine Musikliste war bei der Little Wing-Version von Stevie Ray Vaughan angelangt. Eine geniale Nummer. Ich dreht um. Gegen kräftigen Gegenwind strampelte ich mich bis zur Erschöpfung, warf noch einen eBlick in die Pagode am Donau-Ufer. Zwei Männer meditierten mit einem Gong und einem monotonen Trommelrhytmus. Eine kurze Unterbrechung in meinem Real-Videoclip. Dann ging es erst wieder heimwärts.

Montag, November 13, 2006

Halmargat

Yeah. Eine kleine Meldung des RocknRoll. Nichts Neues in der Hölle. Zuhause angekommen sollte ich eigentlich mal zwei Stunden bei absoltuer Stille an die Wand starren. Weil für Gespräche bin ich eh nicht zu haben. Mein Hirn ist einfach zu anders drauf.
Fernsehen hilft. O.C.California. Da gehts mir irgendwie besser nachher.

Hab ein paar Ideen und unternehme die ersten Schritte zur Rettung meiner abgewrackten und brachliegenden Seele.
Ich habe halt zuwenig Zeit. Ich müsste mehr verdienen und weniger arbeiten müssen. Das wäre optimal. So bin ich ein kleiner Tor in der Masse armer Tore. Ein kleines Rädchen in einer Riesenmaschine.
Da werden Erinnerungen wach. Wohin es genau geht - also wo ich selber hinwill, ist halt leider unklar.

tja. mehr ist nicht zusagen.

Heute.

Yo!

Halmargat

Yeah. Eine kleine Meldung des RocknRoll. Nichts Neues in der Hölle. Zuhause angekommen sollte ich eigentlich mal zwei Stunden bei absoltuer Stille an die Wand starren. Weil für Gespräche bin ich eh nicht zu haben. Mein Hirn ist einfach zu anders drauf.
Fernsehen hilft. O.C.California. Da gehts mir irgendwie besser nachher.

Hab ein paar Ideen und unternehme die ersten Schritte in Richtung weg von hier.
Ich habe halt zuwenig Zeit. Ich müsste mehr verdienen und weniger arbeiten müssen. Das wäre optimal. So bin ich ein kleiner Tor in der Masse armer Tore. Ein kleines Rädchen in einer Riesenmaschine.
Da werden Erinnerungen wach. Wohin es genau geht - also wo ich selber hinwill, ist halt leider unklar.

tja. mehr ist nicht zusagen.

Heute.

Yo!

Dienstag, November 07, 2006

onemorebangalore

November. Aus und vorbei der schöne sommerliche Herbst. Ab jetzt wirds früh dunkel und spät hell. Ein böiger Wind pfeift einem in die Ohren und täglich sprüht es unmotivierte Regenschauer vom Himmel. Die bunten Herbstfarben sind bereits einem monotonen, großstädtischen Grau gewichen. Die Bäume strecken ihre schwarzen und dunkelbraunen Äste in den Himmel, die Sträucher ranken sich dahin. Kombiniert mit dem allumfassenden, omnipräsenten Straßen-Hintergrundlärm ergibt das eine ernüchternde, eher trostlose Daueratmosphäre der Unentrinnbarkeit der Stadt.
Das Thema der Entkommens ist gerade recht dominant in meinem eher nicht so ekstatischen Leben. Die Arbeit ist unwahrscheinlich monoton und nervtötend. Die Inhaltslosigkeit meines Tuns wirkt sich ziemlich ungut auf die abnehmende Aktivität meiner Neuronen und Gehirnzellen aus. Die täglichen neun Stunden in der Arbeit sind eigentlich fast völlig inhaltsleer. Ich kopiere Information von einem Medium ins Andere. Sonst mache ich eigentlich nichts. Ich rede mit Kollegen - das nimmt einen geringen Anteil der Beschäftigung ein - und ich suche Fotos aus. Und ich nehme diverse Anordnungen meiner Vorgesetzten entgegen und setze sie um, möglichst ohne nachzudenken. Zwischendurch bekommt man mit, dass die Anderen mindestens ebenso frustriert sind. Aber niemand zeigt es. Und ich auch nicht. Naja. In vertraulichereren Gesprächen teile ich es schon mit. Aber es ist mir rätselhaft, wie man so eine Arbeit machen wollen kann. Können machen wolle. wollen machen kann. kachen mollen wann....oder so.
Tja, und aus dieser Situation heraus denke ich mir alle paar Minuten: Wie komme ich hier raus?

Ich wollte eigentlich nie hierherkommen - und bin trotzdem hereingestolpert in das typische Leben, das keiner führen will: hackeln, heimkommen, mit kind spielen, essen, fernschauen, pennen. aufstehen. dazwischen mit frau reden, mal eine runde vögeln - obwohl der öde job meine libido auch beeinträchtigt. allerdings entliebt man sich auch durch die ödnis in der arbeit.
jedenfalls denke ich mir auch: was wäre denn weniger spießig: rumvögeln, mehr saufen gehen, nicht arbeiten und mich nicht um meine kleine familie kümmern? oder wäre genau das nicht voll armselig? Am schlimmsten ist aber - um es nocheinletztesmalzuwiederholen - die geistige Inhaltslosigkeit der Arbeit. Die ist echt schlimm. So jetzt ist es gesagt. Und Ende.

Am Heimweg hab ich mich jetzt ein paar Mal in den Stephandsom gesetzt. Die Gedanken fließen lassen. Am Abend geht es, da sind nicht mehr soviele Touristen. Wobei es erstaunlich ist: diese Menschen stieren in ihren Reiseführer, rennen in den Dom, einmal nach vor an den Altar, dann an die Seite, zu kleineren Heiligenbildern, schauen dann einmal wortlos hinauf an die Decke der hohen, säulengetragenen Räume und dann rennen sie raus. Aber sie sehen nicht. Sie sehen eigentlich nichts.
Und ein weiteres Phänomen ist der Fotoapparatenmaniac. Er hat meistens ein ultraaffengeile Digitalkamera umgehängt, mit einem langen, langen Ding, heisst Objektiv gefährlich nach vorn gerichtet. Damit verewigt er dann die spannendsten Anblicke auf seinem Kamerachip. Hinter ihm, meist wortlos und zur Ahnungslosigkeit verdammt trottet seine Ehefrau, die - so scheint es - ihren Mann quasi Foto-Gassi führt. Er fotografiert alles, was irgendwie nach einem Bild fürs Fotoalbum ausschaut. Häuser, Strassen, Laternen, Speisekarten, Türen, Tore, Fenster, die TRagflächen des Charterjets. Alles. Das löst in mir diese Vision aus, von endlosen Weihnachtsabenden, wo dann erbarmungslos jedes verdammte, der dreihundert Fotos angeschaut, kommentiert und besproechen wird. Dabei ist der stolze Bilderjäger von Fotograf meist schon ein bisschen angetrunken und blickt voller Selbstzufriedenheit auf sein entbehrliches Machwerk, Schweißperlen auf der Stirn, den Mund zu einem leichten, zufriedenen Lächeln verzogen. Eiskalt.
Und ich sitz da auf einer der Holzbänke und bin hundemüde und geh dann irgendwann heimwärts. Und das war´s. Und denk mir, das Leben muss doch mehr übrig haben für uns Menschen. Gott hat das doch nicht einfach nur so geschaffen. Das kann nicht sein. Oder?

Mittwoch, September 27, 2006

A day in another day of some other day

Heute ist ein ganz besonderer Tag. Ich fühle mich wie Skeletor. Die letzten zwei Tage fünf Stunden Schlaf gehabt. Seit über zwei Wochen keinen freien Tag mehr. Ich bin verkühlt seit zehn Tagen und habe Glück gehabt, dass der eine kranke Tag nicht vom Urlaub abgezogen wird. Welcome to real life.

Das geilste Herbstwetter zieht an mir vorüber. Mir - das bin ich in dem prima-klima-gekühlten Newsroom, mit Wahnsinnsausblick: FlatScreen vor mir, neben mir und hinter mir. Irgendwo eine abgedeckte Fensterscheibe, durch die man aber nur eine Illusion von der Welt da draußen vermittelt bekommt. Ist aber authentisch: Das was in der Zeitung produziert wird, ist ja auch eher eine Illusion - ... von Information.

Ja. Und die Arbeit für ein Super-Produkt. Absolut Klasse.

Wenn ich an andere Kollegen und Weggefährten denke: die haben teilweise Anstellungen, besseres Einkommen, einen anspruchsvollen Job, oder zumindest einen Job, der ihnen ein bisschen Intelligenz abverlangt. all diese Kriterien gelten für mein Leben im Moment nicht.

Es ist leider so.

Stattdessen höre ich nicht auf zu schuften und muss jeden Cent umdrehen und kann defacto nicht einmal die nötigen Kosten abdecken. Ich bin auf der untersten Ebene des möglichen Daseins angelangt - als Industriearbeiter, als Hackler in der erbarmungslosen Informations-Generierungs-Maschinerie. Eigentlich ein Spießer. Am Abend zu k.o. um was Besondere zu erledigen. meine family ist da. Ein bisschen mit der Kleinen spielen. Pennen gehen. Arbeiten. Trotzdem bleibt kein Geld über für irgendetwas. Man könnte sagen, ich sei ein gesetzter Mann. Dabei bin ich ein Spießer geworden. Jemand, der ausgebeutet wird, weil er keine andere Wahl hat.
Jemand, der seine Potentiale nicht ausschöpft.
Brav.
Unglaubliche Vorstellung. Ein Leben, in dem die Inhaltslosigkeit vorrangig zu sein scheint, harte Arbeit, ... Wo bleibt nur der gute, alte Rock´n´Roll.

Kann man die Welt noch verändern wollen, ohne sich gleichzeitig in die Luft sprengen zu müssen? Oder bleibt einem gar nichts anderes über? Das wäre ja wirklich traurig.

Montag, September 04, 2006

Eine neue Zeitung

Yo,
jetzt ist die neue ZEITUNG heraußen. Österreich. Das neue Österreich. Schwer zu sagen, was man sich darüber denken soll. Auf jeden FAll ist die Arbeit dort eine Schinderei. Das offizielle Gerede von der FReude über die tollen Mitarbeiter, und die ganze Show, mit der sich dieses Produkt verkauft... ist eben die Vorderseite des Ganzen. Vom Inhalt bin ich nur teilweise überzeugt. Der Schreibstil mancher Journalisten ist mir persönlich peinlich. Fast so peinlich, wie wenn man im Fernsehen sieht, wie sich jemand produziert und dabei nur Mist verzapft.
Andere Elemente sind ganz gut. Es ist letztendlich umfassend - wobei dieses "umfassend" das Gefühl hinterlässt, dass man nicht Fisch und nicht Fleisch in Händen hält.
Manche Überschriften sind aber derart furchterregend, bzw. ist manches völlig falsch bewertet. Z.B: gestern: Terroralarm in Österreich - so eine billige Panikmache.

Und dann wird eine Riesenshow aufgezogen - ich bin überzeugt, dass die Leute, die dort waren und sich Autogramme der Fellners geholt haben, den Wofe und seine Frau ihr Leben lang nicht vergessen werden. Ein bisschen war das Ganze Spektakel eine Show im Stil von "Brot und Spiele" für die Massen. Aber es war - das muss man sagen - perfekt organisiert und aufgezogen. Also perfekte Manipulation der Massen.
Und alle Mitarbeiter waren auf der Bühne und großes Tratra. Wir sind ein tolles Team. Und ich krieg nicht einmal meine 10 Euro, die ich fürs Taxi ausgegeben habe. Lächerlich.

Also - kurz gesagt: Ich bin nicht ganz überzeugt, dass da lauter kompetente Leute dabei sind. Eher im Gegenteil. Es fehlt ein gewisses Bewusstsein. Spirit. Aber als Blatt, das sich verkaufen wird, schätze ich, wird das alles funktionieren.

Die Website ist eigentlich auch ganz gut - aber offensichtlich sehr chaotisch. Man spürt, dass da der zentrale Überblick fehlt. Technisch happerts auch offensichtlich gewaltig... Das mit dem Video und den News ist hingegen sehr ok. Allerdings: Wozu? Da konkurrieren Laufbildmedium und Text miteinander.
Ist von der Logik nicht perfekt ausgereift. Vielleicht wirds aber noch.

Was denken die Leser über diese Zeitung?

Samstag, Juni 10, 2006

DA Juni

Yo,
Samstag Mittag. Draußen Kälte, Wind. Ein paar Wolken fetzen über den Himmel. Am Geländer des Balkons unserer Wohnung sitzt eine fette Krähe. Aus ihrem Schnabel tropft ein wenig Blut, vermutlich von einer Taube, die sie zuvor zerlegt hat. Jetzt1 im Anschluss: 10jähriges Maturatreffen. Bin gespannt.
Letzte Woche: Online-Archiv erstellt. Katastrophen, Morde, Tragödien, GEißelnahmen, all das aus der Vergangenheit berichtet, worüber ich in Zukunft wahrscheinlich auch berichten werde.
Generelle Sprachlosigkeit abends. Regelmäßige Arbeit haut einen um. macht dich fertig. Lähmt.
Jetzt: Sonnenschein draußen. Frischer Wind. Ganz ehrlich: Die Welt ist schon ein bisschen komisch zur Zeit. Friedlichkeit wechselt mit Unruhe.
Liebe - versteckt in allen Ecken. Schlafend. Hellwach.

hasta la vista

Montag, März 27, 2006

Mittwoch, März 22, 2006

Tja...

Tja. Sag ich. Heute. An einem Mittwoch am Anfang des Jahres 2006. Ich blicke nach vor und sehe den Bildschirm. Nicht einmal mein Spiegelbild in diesem Bildschirm. Also blicke ich in eine digitale Zukunft.
Es ist ganz still rundherum. Nichts was die Aufmerksamkeit ablenken könnte. Die Schwester von VE ist da. Die kleine MA krabbelt am Boden. Quietscht. Will etwas. Muss diesen Text unterbrechen.